Die Hungerstreikende führen ihren Kampf im Gefängnis und ausserhalb fort – die gesundheitliche Folgen werden immer spürbarer und auch die Repression in der Türkei nimmt weiter zu: Kein Tag ohne Meldungen von Verhaftungen, sei es bei Solidaritätskundgebungen mit den Hungerstreikenden, bei Trauerfeiern oder bei Wahlkampfveranstaltungen. In den letzten Tagen haben sich mehrere politischen Gefangenen in türkischen Knäste das Leben genommen, um den Forderungen des Hungerstreiks nachdruckt zu verleihen. Leyla Güven appellierte sofort zu einem Ende der Selbstopferungsaktionen – gleichzeitig fordert sie mehr Unterstützung um den Kampf fürs Leben zu stärken. Solidarität ist dringend notwendig!
Wir rufen deshalb alle dazu auf, sich an den Aktionen der kurdischen Bewegung zu beteiligen.
In der letzten Woche haben sich mehrere politischen Gefangenen in türkischen Knäste das Leben genommen, um den Forderungen des Hungerstreiks nachdruckt zu verleihen: Zülküf Gezen, Ayten Beçet, Zehra Sağlam und Medya Çinar. Zudem erlag der kurdische Aktivist Uğur Şakar den Folgen seiner Selbstverbrennungsaktion in Deutschland.
Leyla Güven, die am 7. November den Hungerstreik gegen die Isolation gestartet hat, meldete sich als erste zu Wort, um am Sonntag in einer bewegenden Sprachnachricht ein Ende der Selbsttötungen zu fordern: „Freundinnen und Freunde, wir müssen unsere Kräfte vereinen und den Hungerstreik überall auf der Welt Gehör verschaffen, um Ergebnisse zu erreichen. Das ist unser Ziel. Aus diesem Grund habe ich bisher mit hoher Moral und Begeisterung an meiner Aktion festgehalten. Doch wichtiger ist es, die Moral unserer Freund*innen in den Gefängnissen zu steigern. Wir benötigen diese Kraft. Aus diesem Grund strenge auch ich mich an; um zu leben, unser gemeinsames Leben fortsetzen zu können, und die Isolation zu durchbrechen. Lasst uns diesen Tag alle zusammen feiern. Dafür achte ich auf mich selbst und auf mein Leben. Von euch erwarte ich keine Selbstopferungsaktionen, sondern die Stärkung der Hungerstreikbewegung. Solche Aktionen rauben meine Kraft. Ganz gleich, was ich auch tue, zerreiße ich emotional. Auf meinen Schultern macht sich eine schwere Last breit. Auf diese Weise kann ich meinen Weg nicht fortsetzen. Ich wünsche mir, dass meine Freundinnen und Freunde den meinen Weg einschlagen und unsere Aktion zum Erfolg führen.“ (Vollständige Botschaft auf Kurdisch und Übersetzung auf Deutsch: https://anfdeutsch.com/aktuelles/leyla-gueven-fordert-ende-der-selbsttoetungen-10342).
Inzwischen haben sowohl die Gefängnis-Koordination der Partei der freien Frauen Kurdistans (PAJK) wie auch Duran Kalkan, Mitglied im PKK-Exekutivkomitee, zu einem Ende der Selbsttötungen aufgerufen: https://anfdeutsch.com/aktuelles/pajk-fordert-ende-der-selbsttoetungen-von-gefangenen-10358 und https://anfdeutsch.com/hintergrund/kalkan-nicht-gegen-uns-selbst-gegen-den-faschismus-10368.
Factsheet zu den Hintergründe des Hungerstreiks
Wer verstehen möchte, warum diese Form des Widerstands gewählt wurde und was genau die Forderungen der Hungerstreikenden sind, kann alles in dem Factsheet nachlesen, das das Öffentlichkeitsbüro Civaka Azad zusammengestellt hat: http://civaka-azad.org/wp-content/uploads/2019/03/Civaka-Azad-Factsheet-Hungerstreik-1.pdf. Darin befinden sich auch Vorschläge, wie man sich solidarisch zeigen kann.
Internationale Solidarität jetzt!
Leyla Güven betonte in ihrer Botschaft, dass Fortschritte erzielt wurden, was sie insbesondere daran festmachte, dass so viele Menschen trotz massiven Repression an den diesjährigen Newroz-Feiern teilnahmen. Sie rief aber auch zu noch mehr Solidarität zur Stärkung des Kampfes in dieser entscheidenden Phase auf.
Solidarität ist dringend notwendig. Oder in den Worten von Sebahat Tuncel, die inhaftierte DBP-Vorsitzende, die sich Mitte Januar dem Hungerstreik angeschlossen hat: „Unsere Aktion und der Aufbau von Solidarität sind sowohl für den Frauenbefreiungskampf als auch für eine demokratische und freiheitliche Zukunft der Menschen in der Türkei von kritischer Bedeutung. Wer gegen das bestehende System in der Türkei ist, wer Demokratie einen Raum geben will, wer Rechte und Freiheiten entsprechend der Würde des Menschen einfordert, muss sich solidarisch zeigen und gegen den Faschismus kämpfen. Niemand ist wirklich frei, solange ein einziger Mensch nicht frei ist.“ (https://anfdeutsch.com/frauen/sebahat-tuncel-den-entwicklungsprozess-bestimmt-der-widerstand-10346)
Zur Zeit findet einen Fünftägigen Sitzstreik in Strassburg und in Wien statt – ausserdem sind lokal Kundgebungen und Aktionen geplant.