Newsletter Nr. 55: Welt-Kobanê-Tag, Abzug der Guerilla aus der Türkei und Interviews zur aktuellen Lage

Liebe Freund*innen und Genoss*innen

Am 1. November jährt sich der Welt-Kobanê-Tag zum 11. Mal. Vor 11 Jahren gingen wir zu tausenden auf die Straße, um auf die Belagerung der Stadt Kobanê durch die Mörderbanden des IS aufmerksam zu machen und den Menschen in Rojava zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Heute haben sich die Machtverhältnisse in Syrien komplett verschoben und die Selbstverwaltung steht vor einer neuen Herausforderung.

Letztes Jahr gingen wir gemeinsam zum 10. Welt-Kobanê-Tag in Zürich auf die Strasse.

Das Ringen um die Zukunft Syriens hat sich seit dem Sturz von Assad im Dezember 2024 intensiviert. Regionale und internationale Grossmächte – wie die USA, Israel oder die Türkei – versuchen, das Land und die Region nach ihren Interessen zu gestalten. Hayat Tahrir al-Sham (HTS), ein Bündnis islamistischer Kräfte, soll das neue Syrien prägen. Deren Milizen zeigen derweil mit blutigen Angriffen auf die alevitische und drusische Bevölkerung ihr eigentliches Gesicht. 
 
In dieser Lage behauptet sich Rojava. Einerseits geht es um den Schutz der Bevölkerung, der Region und des Projekts überhaupt, andererseits skizziert Rojava eine Perspektive jenseits ausländischer Einmischung oder islamistischer Beherrschung. Eine befreite Perspektive mit gesellschaftlicher Teilnahme aller Geschlechter und Völker, mit einem demokratischen und ökologischen Bewusstsein.
 
Im Kontext des Welt-Kobanê-Tags möchten wir euch zu unserer Veranstaltung am 31. Oktober um 19 Uhr in den Infoladen Kasama einladen. Wir werden gemeinsam auf den historischen Widerstand von Kobanê zurückblicken und in einem Video-Call mit Ruksen Mohamed, der Sprecherin der Frauenverteidigungseinheiten (YPJ), über die aktuelle Lage sprechen.
Achtung: die Veranstaltung war ursprünglich im Volkshaus geplant und wurde jetzt ins Kasama verlegt. Dies Entscheidung haben wir in folgender Stellungnahme begründet.

Abzug der Guerilla aus der Türkei

Text
Pressekonferenz zur Bekanntgabe des Rückzugs der Guerilla aus der Türkei. Quelle:ANF

Am Sonntag gaben KCK, YJA Star und HPG den Abzug der Guerilla aus der Türkei bekannt. Diese werde sich nach Südkurdistan in die Medya-Verteidigungsgebiete zurückziehen. Der Abzug solle eine neue Phase in dem „Prozess für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ eröffnen. In Ihrem abschließenden Appell richteten sie sich an die gesamte Bevölkerung: „Dies ist keine Phase, in der man auf Entscheidungen anderer wartet, sondern eine Phase, in der ein freies und demokratisches Leben durch organisierte gesellschaftliche Anstrengung errungen werden muss.“[1]
 
Interviews zur aktuellen Lage

Damit ihr einen tieferen Einblick in die aktuelle Lage bekommt, haben wir noch vier Interview Empfehlungen für euch:

In seinem Interview mit The Amargi spricht Zagros Hiwa, Sprecher von KCK, über den Friedensprozess in der Türkei und die beschlossene Entwaffnung der PKK. Er reflektiert über den Abzug der PKK aus der Türkei und über eine mögliche Zukunft der politischen Beteiligung der Kurd*innen.[2]
 
In Ihrem Interview macht die YPG-Kommandantin, Rohilat Efrîn, klar, dass die Frauenverteidigungseinheit ihr Autonomie in Syrien behalten werden. Sie zog unmissverständliche rote Linien: „Alle Werte, die in den letzten zwölf Jahren entstanden sind, sind das Ergebnis eines langen Kampfes. Niemand hat uns Frauen diese Rechte geschenkt – und deshalb hat auch niemand das Recht, sie uns wieder zu nehmen. Es gibt keine Macht, die die Rechte der Frauen leichtfertig einschränken kann. In dieser Hinsicht sind wir zuversichtlich und haben volles Vertrauen in unsere eigene Stärke.“ [3]
 
In einer Sondersendung des Fernsehsenders Medya Haber TV hat Duran Kalkan, Mitbegründer der PKK, den bisherigen Prozess zur Auflösung der PKK reflektiert. Er unterstrich deutlich, dass die physische Freiheit Abdullah Öcalans eine notwendige Bedingung für die Auflösung der PKK sei. [4]
 
In seinem Interview mit der jungen Welt analysiert Ertuğrul Kürkçü, Mitbergünder der der Guerilla »Türkische Volksbefreiungspartei-Front« und politischer Aktivist, den Prozess um die Auflösung der PKK. Er betont das sich die Kurd*innen in der Türkei nicht mit einer oberflächlichen Lösung des Problems zufrieden geben werden: „Mindestens sieben bis acht Millionen Wähler, mit ihren Familien eine Gemeinschaft von fast 30 Millionen Menschen, wissen heute: Es gibt keinerlei Verpflichtung, einer Regelung zuzustimmen, die ihnen nicht tatsächlich die Freiheit garantiert.“ [5]

[1]https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/kurdische-bewegung-kundigt-ruckzug-ihrer-krafte-aus-der-turkei-an-48544
[2]https://www.youtube.com/watch?v=XdNbV-QKqqc
[3] https://deutsch.anf-news.com/frauen/ypj-kommandantin-zu-gesprachen-mit-damaskus-integration-heisst-nicht-unterwerfung-48453
[4] https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/kalkan-regierung-hat-vernichtungspolitik-nicht-aufgegeben-48405
[5] https://www.jungewelt.de/artikel/507794.kurdischer-freiheitskampf-das-ist-ein-aufstand-der-w%C3%BCrde.html

Veranstaltungen und Demos:

Veranstaltung mit Ruksen Mohamed (YPJ)
Freitag, 31.10.2025, 19:00 Uhr, Infoladen Kasama, Zürich
Anlässlich des Welt-Kobanê-Tags am 1. November sprechen wir mit Ruksen Mohamed, der Sprecherin der Frauenverteidigungseinheiten (YPJ), per Video-Call über die aktuelle Lage in Rojava.

Roten Kulturtage – Culture and Revolution?
Samstag, 01.11.2025, 13:00 Uhr, (Ort noch ausstehend), Zürich
Vom 30.11. – 09.11.2025 finden in Zürich die Roten Kultur Tage statt. Am 1. November wird in der Veranstaltung „Culture and Revolution?“ auf zwei starke internationale Bewegungen geschaut, in denen Kultur ein wichtiger Bestandteil des Kampfes ist. Panel Gäste sind Deniz Deman aus der kurdischen Kulturbewegung und Jun Saturay aus der philippinischen Bewegung.
 
Welt-Kobanê-Tag in Basel
Demo: Samstag, 01.11.2025, 14 Uhr, Theaterplatz, Basel
Veranstaltungen: Samstag, 01.11.2025, ab 16 Uhr, Rebgasse 1, Basel
In Basel ruft das Rojava Komitee zum Welt-Kobanê-Tag zur Demo auf. Anschließend gibt es einen Vortrag zur aktuellen Situation und eine Lesung des Buches „Werder der du bist“ mit Tagebucheinträgen, Briefen und Notizen von Michael Panser. Ausserdem gibt es Essen und Musik.
 
Solifest für Rojava in St. Gallen
Samstag, 01.11.2025, 17:30 Uhr, Grabenhalle, St. Gallen
In St. Gallen gibt es anlässlich zum Welt-Kobanê-Tag ein Solifest in der Grabenhalle. Es gibt Essen, Infobeiträge und Musik bis spät in die Nacht.
 
Demo am 8. November in Köln
Samstag, 08.11.2025, 11:00 Uhr, Deutzer Werft, Köln
Unter dem Motto „Freiheit für Öcalan – Eine politische Lösung für die kurdische Frage“ findet am 8. November eine Grossdemonstration in Köln statt. Es werden Menschen aus ganz Europa erwartet. Aus Zürich wird es Busse am Freitagabend geben.

Demo Antifa überall
Samstag, 15.11.2025, 16:00 Uhr, Ni-Una-Menos Platz (ehem. Helvetiaplatz), Zürich
„Bringen wir die Vielfalt unserer antifaschistischen Kämpfe in einem kollektiven Moment der Stärke zusammen“

KRIEG UND FRIEDEN – Die Rolle von FINTAs in Friedensprozessen 
Dienstag, 25.11.2025, Eintritt ab 18:00 Uhr, Start 19:30 Uhr, Grabenhalle, St. Gallen
Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an FINTA Personen wollen wir euch auf die spannende Veranstaltung „KRIEG UND FRIEDEN – Die Rolle von FINTAs in Friedensprozessen“ in der Grabenhalle hinweisen. „Wenn von Frieden die Rede ist, dann schütteln sich vermeintlich „grosse Männer“ die Hände. Aber die Rolle von FINTAs bleibt unsichtbar, und das, obwohl sie in Friedensprozessen entscheidend sind.“
 
Mit solidarischen und kämpferischen Grüssen
Rojava Komitee Zürich

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